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Mit Pflegeheimen lässt sich reichlich Profit machen

Versicherungen und Fonds entdecken eine Kapitalanlage mit hohen Gewinnchancen: Deutschland braucht 340.000 neue Pflegeplätze, und viele Heime müssen saniert werden. Ein Milliarden-Geschäft.

Wachstumsmarkt_PflegeProfiinvestoren haben Pflegeheime und Seniorenresidenzen als lohnendes Anlageziel entdeckt. Im vergangenen Jahr wechselten in Deutschland solche Gesundheitsimmobilien im Wert von insgesamt 811 Millionen Euro den Besitzer. Damit stieg das Transaktionsvolumen zum Vorjahr um 24 Prozent, berichtet das Beratungsunternehmen CBRE.

“Die Nachfrage nach deutschen Pflegeheimen ist bei den Investoren (Link: http://www.welt.de/136337268) , die über ein entsprechendes Know-how in dieser Assetklasse verfügen, aufgrund der höher erzielbaren Rendite im Vergleich zu den klassischen Segmenten wie Büro oder Einzelhandel (Link: http://www.welt.de/themen/einzelhandel/) ungebrochen hoch”, sagt CBRE-Manager Dirk Richolt. Das Transaktionsvolumen ist hier schon das sechste Jahr in Folge gestiegen. Zum Jahresende 2014 lag die Spitzenrendite für erstklassige Pflegeheime (Link: http://www.welt.de/132305854) bei 6,25 Prozent.

“Die hohe Nachfrage vor allem seitens institutioneller Investoren, die mit der Beimischung der alternativen Assetklasse Sozial- und Gesundheitsimmobilien die Erfüllung der Ertragsziele ihrer Anlageportfolios anstreben, sorgt auch hier für eine weitere Reduktion der erzielbaren Spitzenrendite”, erklärt Jan Linsin, CBRE-Chefanalyst in Deutschland. Die Investoren würden sich vor allem für Einrichtungen der vollstationären Altenpflege interessieren.

Angesichts historisch niedriger Renditen an den Rentenmärkten und geringerer Renditen bei Büro- und Einzelhandelsimmobilien seien die Käufer an einer Erweiterung des Anlageuniversums interessiert. Sie würden händeringend nach Alternativen abseits der klassischen Immobiliensegmente suchen. “Dadurch wächst europaweit das Interesse an der Nische Pflegeimmobilie, was zuletzt in einem steigenden Preisniveau in diesem Marktsegment zum Ausdruck kam”, stellt Linsin fest.

Mehr Gewinn als bei Büro- und Handelsimmobilien

Für langfristig verpachtete Objekte mit moderner, hochwertiger Ausstattung und flexiblen Nutzungsmöglichkeiten an guten Standorten liege die Nettospitzenrendite gegenwärtig zwischen 175 und 215 Basispunkten über den Renditen für Topobjekte aus dem Büro- und Einzelhandelssegment, erläutert Finanzexperte Richolt. Und auch im Vergleich zu erstklassigen Hotelimmobilien würden Pflegeheime höhere Renditen abwerfen.

Als Käufer waren im vergangenen Jahr vor allem Versicherungen und Pensionskassen (Link: http://www.welt.de/136860713) aktiv, die sich direkt oder über Fonds in Pflegeimmobilien einkauften. Auf sie entfielen 22 Prozent des Transaktionsvolumens. Daneben zählen ausländische Asset- und Fondsmanager mit 17 Prozent zu den aktivsten Investoren, gefolgt von börsennotierten Unternehmen aus dem Ausland mit 13 Prozent.

Stark vertreten waren auch wieder die geschlossenen Fonds, auf die zehn Prozent des Anlagevolumens entfielen. Zudem engagierten sich Pflegeheimbetreiber selbst als Käufer, um sich Wettbewerbsvorteile zu sichern. Die Zahl der Pflegebedürftigen nimmt in den nächsten Jahren deutlich zu. Dadurch werden in Deutschland noch mehr Heime für die stationäre Pflege benötigt.

Auf Portfoliotransaktionen entfielen im vergangenen Jahr 43 Prozent des Investitionsvolumens. Dazu gehörten der Erwerb von acht Pflegeeinrichtungen durch die belgische Immobiliengesellschaft Aedifica, die Übernahme des Silver-Immobilienportfolios mit fünf Pflegeheimen durch den Fonds Patrizia Pflege-Invest Deutschland I.

Mittlerweile sind knapp 30 Einrichtungen im Portfolio des Fonds. Fondsmanager Jan-Hendrik Jessen betont, dass 2030 fast jeder zehnte Bewohner Deutschlands über 80 Jahre alt sein wird.

Nachfrage nach stationärer Pflege wächst um 50 Prozent

Die Nachfrage in der stationären Pflege werde bis zum Jahr 2030 um 50 Prozent zunehmen. “Der durch die demografische Entwicklung bedingte Boom steht also noch bevor.” Patrizia hat allein in den letzten zwölf Monaten über 80 Millionen Euro in sieben Pflegeeinrichtungen investiert.

Zwei weitere Objekte werden nach Abschluss der Bauphase in Kürze in den Fonds übergehen. Daraus resultiere ein erheblicher Neubaubedarf. Zudem bestehe in Deutschland massiver Modernisierungsbedarf und Bedarf für Ersatzneubauten, da viele Heime alt und nicht mehr wettbewerbsfähig sind.

“Der bedarfsgerechte Ausbau der deutschen Pflege-Infrastruktur (Link: http://www.welt.de/131176553) wird nicht ohne privates Kapital funktionieren”, sagt Jessen. Leider werde dies noch nicht von allen Politikern, insbesondere auf Länderebene, erkannt. In manchen Bundesländern würden die Rahmenbedingungen für Investitionen in die stationäre Pflege durch neue Gesetze erschwert – so in Nordrhein-Westfalen, wo eigentlich ein erheblicher Bedarfszuwachs in der stationären Pflege prognostiziert wird.

Die institutionellen Investoren wollen meist gleich ein ganzes Deutschland-Portfolio aufbauen. In den USA oder Kanada sei die Assetklasse längst etabliert, betont CBRE-Manager Richolt. Im zurückliegenden Jahr waren ausländische Investoren für 310 Millionen Euro oder einen relativen Anteil von 38 Prozent am Transaktionsvolumen verantwortlich. Das Investitionsvolumen der ausländischen Investoren werde weiter steigen.

“Noch ist der Pflegemarkt sowohl auf Betreiberseite als auch aufseiten der Immobilieneigentümer stark zersplittert und zum Großteil in öffentlicher beziehungsweise frei-gemeinnützlicher Hand.” Vor allem im öffentlichen Sektor würden jedoch Investitionsmittel für den Betrieb und den Unterhalt der Pflegeeinrichtungen fehlen.

Länder schreiben die Ausstattung vor

Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und einer zunehmenden Schwere der Pflegebedürftigkeit werde der Bedarf an Pflegeheimen steigen. Doch das Engagement birgt auch hohe Risiken, weil die Ausstattung der Pflegeheime Ländersache ist. Weil in vielen Ländern nur noch der Einzimmerstandard gelten soll, dürften kostspielige Umbauten anfallen.

Der Markt für Pflegeheime ist allerdings noch eine Nische. Mit dem auf über 800 Millionen gestiegenen Umsatz entfiel 2014 auf Pflegeheime, gemessen am gesamten Transaktionsvolumen mit gewerblichen Immobilien nur ein kleiner Anteil von gut zwei Prozent. Nimmt man Gesundheitsimmobilien wie Krankenhäuser und Rehakliniken hinzu, sind es mehr als fünf Prozent.

“Wir rechnen damit, dass sich die Investoren zukünftig vermehrt dieser Anlagemöglichkeit öffnen werden, da diese eine auskömmliche Rendite weit oberhalb der Verzinsung klassischer Immobilieninvestments verspricht”, sagt Richolt. “Hinzu kommt, dass die von Konjunkturzyklen unabhängige Nachfrage nach stationären Pflegeplätzen allein aus demografischen Aspekten signifikant steigen wird und die in die Jahre gekommenen Bestandsimmobilien mit hohem Investitionsstau dringend auf privates Kapital angewiesen sind.”

Bis zum Jahr 2030 gibt es nach der Prognose von CBRE immerhin einen Neubaubedarf von 380.000 zusätzlichen Pflegeplätzen in Deutschland. In diesem Zeitraum sind zudem noch 240.000 Pflegeplätze auf den neuesten Stand zu bringen. Beides könnte 54 Milliarden Euro kosten.

Bei bundesweit 11.000 Pflegeheimen, in denen 2,46 Millionen Menschen leben, haben Investoren ein großes Angebot, sofern sie sich denn auf diese Immobilienklasse einlassen wollen. “Wir beobachten eine große Nachfrage angelsächsischer Investoren nach Alternativen abseits der klassischen Anlageprodukte wie Büro- und Handelsimmobilien”, berichtet Linsin. Deshalb könne das Transaktionsvolumen in diesem Jahr auf knapp eine Milliarde Euro steigen.

Quelle: http://www.welt.de/finanzen/immobilien/article139642076/Mit-Pflegeheimen-laesst-sich-reichlich-Profit-machen.html